Weiter im Text: Hallo :) In Latacunga angekommen beziehen wir unser wunderschoenes Hostelzimmer mit gelben Waenden und grossen Betten. Ausserdem gibt es die Moeglichkeit ueber eine knorrende Treppe aufs Dach zu klettern und von dort bietet sich eine wunderschoene Aussicht ueber die ganze Stadt und die umliegenden Vulkane. Diese geniessen wir direkt mit einem Cuba Libre in der Hand und in der Sonne sitzend.

Doch was nun? Eigentlich wollten wir nur einen Tag bleiben um dann auf die Quilotoa Loop, eine Wanderung durch kleine Andendoerfer, aufzubrechen, lassen von diesem Plan jedoch schnell ab als wir erfahren, dass die naechsten Tage in Latacunga das mama negra Festival stattfinden soll. Das festival, zur Ehren der Virgen de Mercedes (Maria), die das Dorf vor Vulkanausbruechen schuetzen soll, ist in der Gegend und auch unter Travvelern wohlbekannt. So reisen viele ueber das Wochenende nach Latacunga um mit den Einheimischen zu tanzen, durch die Strassen zu ziehen und viel zu trinken ;-) Klingt vielversprechend und wir beschliessen noch 2 Tage zu bleiben. Einziges Problem: Unser wunderschoenes Hostel ist schon ausgebucht und wir brauchen einen neuen Schlafplatz. Das dritte Hostal an dessen Tuer wir klopfen gewaehrt uns schliesslich ein Bett fuer die Nacht. Glueck gehabt, jezt kann gefeiert werden:) Und das tun die Latacunger! Blasmusik erschallt Tag und Nacht durch die ganze Stadt und alle tragen festliche, traditionelle Kleider und Verkleidungen (ein bisschen wie Karneval) in denen sie tanzend durch die Stadt ziehen. Zwischen diesen verschiedenen Tanzgruppen laufen Traeger, die mit Rum und Zigaretten drappierte ausgehoelte Schweine tragen, schwer beladen durch die Strassen.

Am Abend versammelten sich alle Feiernden auf einem kleinen Plaza und von allen Seiten bekommt man Melonenschnaps, Bier und Rum spendiert. Damit sich auch die Impfungen gegen Troepfcheninfektionen gelohnt haben, trinkt so die ganze Stadt praktisch aus einem Becher. Und waehrend wir uns mit radebrechendem Spanisch zu verstaendigen suchen, walzt der ewig waehrende mama-negra-Jive von der gut 20 Mann starken Blaskapelle ueber den Platz. Spaeter schmachtet ein oeliger clichee-Latino scheinbar seine groessten Hits in die Menge, die sich jedoch beharrlich weigert, mitzuschmachten. Beharrlich weigeren sich auch "todas las mujeres" die Arme zu heben. Einzig die beiden kaum bekleideten Maedchen auf der Buehne bewegen sich wie wild, wohl, um sich in der doch recht kalten Nacht ein wenig aufzuwaermen. Und waehrend all dem werden auf dem Platz kontinuierlich Feuerwerke aufgebaut und zwar keine Hoehenfeuerwerke, sondern kunstvoll (und abenteuerlich) gearbeitete mehrgeschossige Gebilde, die auf einer frei drehbaren Konstruktion aufgesetzt werden (welche vermutlich noch nie einer TUEV-Pruefung unterzogen wurde). Nacheinander entflammen verschiedene Objekte und Figuren und verteilen ihren Funkenregen grosszuegig ueber die begeisterte Menge.

Leider zieht das Fest nicht nur Tanzwillige und Trinklustige an, sondern auch Taschendiebe. Einer Mitbewohnerin aus unserem Hostel wird das Portemonnaie gestohlen, uns zum Glueck nur das Pfefferspray. Aber daraus lernt man ja auch. Seitdem tragen wir unsere teuersten Habseligkeiten immer direkt am Koerper. Spaet in der Nacht (Fuer ecuadorianische Verhaeltnisse- hier kommt einem sieben uhr abends schon wie mitten in der Nacht vor) spazieren wir dann zu unserem Nothostal - und stehen prompt vor verrammelter Tuer. Erst wiederholtes Klingeln veranlasst die Recepcionista dazu, uns erst eine winzige Guck-Luke und dann ein kaum groesseres Tuerchen zu oeffnen. Wie Alice ins Wunderland steigen wir in die Absteige ein und hauen uns sofort aufs Ohr.
Den naechsten Tag machen wir uns mit leichtem Reisegepaeck, d.h. nur Umhaengetaschen, am fruehen morgen auf nach Zumbahua, zu einem kleinen indigenen Markt, und nach Quilotoa, einem kleinen Doerfchen mit Vulkankratersee.

Als haette ich (Nikolai) doch nichts aus dem gestrigen Abend gelernt, lasse ich im Bus meine Tasche auf dem Boden, zwischen meinen Beinen stehen - und ehe ich mich versehe, ist die Tasche unter den Sitz gerutscht, der Reisverschluss offen und mit der Jacke ist das neben meiner Kamera wertvollste was ich auf dieser kleinen Seitentour dabei habe, verschwunden - Top... Da mir dies aber erst spaeter im Hostal klar wird, geniessen wir den doch ein wenig gewoehnungsbeduerftigen Markt (viele Tiere und Tier-Teile), erhandeln uns je ein Set Llama/Alpaca-Muetze und -Schal (gut investiertes Geld, wie sich noch zeigt) und fahren dann mit einer Cambionetta, d.h. auf der Ladeflaeche eines Pickup-Trucks nach Quiltoa. Unser Hostal wirkt eher wie eine normannische Festhalle mit grossen Federbettbestueckten Schlafgemaechern, die mit 25$ pro Person und Nacht fuer Ecuador einzigartig teuer sind. Wir waehlen die ausserhalb liegende billigvariante mit eigenem Holzofen, den man nachts dringend braucht. Wir sind auf gut 4.000m ueber Normalnull.
Der Quilotoa-See und das Andenpanorama ueberzeugen auf den ersten Blick mit ... ja, wie soll man es beschreiben ... see/ht selbst :-)
Der Weg hinab ist schon muehselig, zumal es nach kurzem dicht bewoelkt ist und erst regnet, dann hagelt und dann zu regnen nicht mehr aufhoert - wir sind offenkundig zu spaet. Es ist jedoch erst der muehsame Weg nach oben - die Hoehe sind wir wohl doch noch nicht ganz gewoehnt - der uns dazu veranlasst, uns anschliessend notduerftig getrocknet und aufgewaermt, fuer den Rest des Tages und fast den gesamten naechsten Tag in den Schlafsaecken im Bett zu verkriechen.

Ausser Kreuzwortraetseln, dem gelegentlichem Trinken heisser Schokolade und der wiederholten Bewanderung der drei Strassen des Dorfes (die von tollwuetigen Pony-Kampf-Ferkelschweinen bewacht werden) verbleiben uns, vom Wandern hoechst abgeschreckt, hier keine weiteren Aktivitaeten. Wir stufen unsere selbsteingeschaetzte adventurousnes und mithin Abenteuer-Kreditwuerdigkeit auf einen neuen Tiefstwert, die Quilotoa-Loop ist damit gestrichen.
Am naechsten Tag gibt es nur eines: Warten, bis der Bus nach Latacunga kommt. Schliesslich entscheiden wir uns dafuer, mit 3 Oesterreichern, 2 Daenen und einer Japanerin (jaja, dieses kosmopolite Traveler-Leben) auf einem Kleinlaster schon mal nach Zumbahua zu fahren (die 1,5h bis nach Latacunga trauen wir uns mit diesem fragwuerdigen Komfort jedoch nicht zu). Der simple Transfer entwickelt sich unerwartet zu einer rasanten Verfolgungsjagd, bis unser Vollblutfahrer (heisser Anwaerter auf einen Job als Quitoñer Metrobusfahrer) den Bus nach Latacunga, den er gesichtet endlich gestellt hat. Dort fahren wir, teilweise auf dem Boden, in Stephies Fall neben dem Fahrer sitzend, die Rumpelpiste nach Latacunga zurueck. Dort ist doch tatsaechlich immer noch das Mama Negra im Gange...
Der Naechste Tag fuehrt uns zum Cotopaxi, dem hoechsten aktiven Vulkan der Welt, Namensgeber der gesamten Region und einzigartiges, geschuetztes Refugium fuer Tiere und Pflanzen.

Wenn man schon in Suedamerika Urlaub macht, kann man ja auch mal ungewoehnliches tun, was man zu Hause nicht taete - 6000er besteigen zum Beispiel. Aber da uns Quilotoa Demut gelehrt hat, begnuegen wir uns mit einem "Besuch" des Refugios auf 5.000m und dem kurz darueber beginnenden (oder besser: endenden) Gletschers. Mit 2 anderen Deutschen (Johannis und Kristin) und einem privaten Fahrer/Fuehrer geht es durch die Steppe und das Umland, dann steil hinauf. Die Verbindung von Magma und Gletscher macht eine einzigartige Mischung aus, die dazu fuehrt, dass im Falle eines Ausbruches ganze Landstriche weggeschwemmt werden und im Laufe der Zeit tiefe Schluchten durch die Landschaft gefraest haben, die in den "friedlichen" Zeiten des Cotopaxi vor ueppigem Gruen strotzen. Der Cotopaxi ist in 10 Jahren wieder faellig, dann kann Mama Negra sich wieder mal beweisen.

In 5.000m Hoehe ist es (1) schweinekalt, (2) wahnsinnswindig und faellt (3) jeder Schritt schwer. Der Boden besteht hier aus schwarzem und grauem Sand, dort aus feuerrotem Granulat (aehnlich dem, das man in Blumentoepfe fuellt) und bis man sein wohlverdientes Gletscher-Foto gemacht hat, hat man auch verstanden, wieso sogar der Fuehrer Handschuhe traegt. Hinab geht es, dank des weichen untergrundes, mit weit ausgreifenden Schritten - vermutlich war es kein Zufall, dass man im Hostel noch vor kurzem "Walking on the Moon" gehoert hat.
Und mit einer letzten Runde Coctéles und einem sehr schmackhaften Essen beim empfohlenen Mexikaner um die Ecke, der jeden Tag nur 2 Stunden offen hat, geht so die schoene Zeit im Altiplano zuende - morgen geht es in den Dschungel, einer Empfehlung der Oesterreicher folgend. Was mag uns dort erwarten...? :-)
Hasta luego sagen
Stephie und Nikolai
